Hospital Special
Wir hatten fast schon gedacht, dass es gar nichts Neues bzw. sehr Spannendes zu posten gibt, aber der Herr Klein hat es tatsächlich mal wieder hin bekommen die Story der gesamten Zeit hier zu reissen…
Schon unser Professor K. sagte: „In den Krankenhäusern in Rumänien möchte ich nicht liegen.“ Aber Daniel musste anscheinend unbedingt mal rausfinden, wie es dort drin so ist. Hier also die Story:
Daniel hat durch unsern Nachbarn ein paar Leute zum bolzen gefunden. Die eine Gruppe spielte immer von 22:00 bis 23:30 uhr, was ich schon alles andere als gut finde, allein schon deshalb weil er dann immer erst zurück kommt wenn ich schon am schlafen bin und natürlich nicht allzu leise ist… Letzten Donnerstag war auch wieder so ein Fussball Spiel. Ich habe schon geschlafen als Daniel kam, doch dieser ziemlich tiefe Schlaf wurde mitten in der Nacht von Daniel mutwillig zerstört. Ihm ging es so schlecht, weil sein kleiner Finger an der linken Hand sehr schmerzte. Er konnte ihn nicht mehr ausstrecken und das äußerste Fingerglied hing nur noch sehr seltsam und in einem sehr unnatürlichen Winkel nach innen am Rest des Fingers. Wie kam es jetzt dazu? Das Spiel ging so langsam seinem Ende zu. Die Ironie war, das sich Daniel wenige Minuten vor dem Vorfall innerlich entschieden, nicht mehr mit dieser Truppe zu spielen, weil es einfach doch zu spät ist und die Leute auch viel zu hart pöhlen und foulen. Nun tja, jetzt war Daniel halt dran im Tor zu stehen. Bei einem Angriff konnte er den Ball nicht gleich festhalten und musste den Ball vom Boden nochmal nachfassen. Ein Angreifer wollte diese kurze Sekunde wohl nochmal ausnutzen und hat nochmal nachgetreten, tja schade dass da halt leider Daniels Finger genau frontal vor dem Ball war -> knaaack
Allerdings hat er es erst gar nicht bemerkt. Ball gefangen und wieder ins Spiel geschmissen. Ne Minute später sieht er halt zufällig auf die Hand und siehe da: übelster Krüppelfinger. Was war der erste Kommentar seines Mitspielers: „Yeah guy, you shouldn’t use your hands to catch the ball“ Aaah ja, hätten wir also mal wieder was dazu gelernt, Torwart -> keine Hände zum Ball fangen nutzen! Der zweite Kommentar war dann der übliche, nicht jugendfreie Spruch den sich Kerle irgendwie immer geben müssen, wenn Mann sich die Hand verletzt. Kein weiterer Kommentar hierzu…
Am nächsten Tag dann also der Weg in dieses wunderschöne Krankenhaus. Adela, eine Hella Mitarbeiterin die uns in Fällen wie diesen hilft, hatte versucht uns einen Termin in einer normalen Arztpraxis auszumachen, aber sie durfte feststellen, dass alle Praxen derzeit im Urlaub sind (nichts mit Absprache), das mal lustig... Naja, so gings also ins berühmt berüchtigte Clinicul Judetean.
War erst nicht leicht, die Notfallambulanz zu finden. Nachdem uns das Sicherheitspersonal mit Händen und Füßen weitergeholfen hat, haben wir es aber doch noch gefunden und wollten gleich zur Anmeldung. Wir also in den Warteraum der voll mit Leuten war, an den Schalter und fingen halt wie üblich auf Englisch an unser Problem zu erläutern. Daniel wurde aber gleich im ersten Satz jäh unterbrochen „Anglaise?? Ah noo go *rumänisch rumänisch* Doctor, direct *mit Hand auf Eingang zur Ambulanz zeigend*“ Ah ok, also keine Anmeldung für uns dank mangelnder Kommunikationsfähigkeit. Also direkt zur Untersuchung… Naja, bissel schlecht kamen wir uns schon vor… Aber auch nur kurz, denn unsere Geduld sollte noch recht gut auf die Probe gestellt werden.
Ab jetzt wurden wir übrigens getrennt, Daniel musste drinnen warten, Jessy musste wieder raus und draussen warten. Deshalb jetzt ein splitting:
16.30 Uhr (ca. 20 Minuten nach Ankunft)
Daniel:
Warten bis dass sich genug Leute gesammelt haben, um von einer extra fuer diesen Zweck eingestellten Person zur Roentgenabteilung begleitet zu werden.
Am Tresen bildet sich ein Pulk aus Ärzten, die sich lachend unterhalten und dann anfangen zu tanzen, als ein bestimmter Klingelton von einem Arzt losgeht (eeh zuviel Scrubs geguckt oder wat is hier los??)
Jessy
Sitzt im Wartezimmer wo einige Leute ziemlich leidend und lange warteten.
16.38 Uhr
Daniel
Warte immer noch, wieder geht der Klingelton los, wieder fangen die Ärzte an zu tanzen
Jessy
Holt sich einen Kakao von der Maschine, die auf Deutsch nen guten Durst wünschte
16.45 Uhr
Daniel
Alles klar, es kann losgehen, der Marsch der Invalidentruppe in die Tiefen des Krankenhauses beginnt. Was auffaellt ist, dass der Pfleger der uns begleitet, die alte Frau in dem Rollstuhl hinter sich herzieht wie ein Bauer seine Kuh, also ich wette waere da noch ein paar mehr Rollstuhlfahrer haette der keine Skrupel die einfach an eine Kette zu binden und hinter sich herzuziehen. Freundlicher Umgang mit alten Patienten? Ne!
Kommen an Aufzug an. Drinnen hockt auf einem Stuhl ein älterer Herr mit einem Lehrerstab. Hmm, wofuer denn das?
16.46 Uhr:
Daniel:
Aaah deshalb! LOL, dieser freundliche Herr macht den lieben langen Tag nix anderes als von seinem Stuhl im Lift mit dem Lehrerstab die jeweilige Taste für die Wunschetage zu drücken… Junge junge, das denn ich mal ‚ne ABM!!
Jessy:
Wartet inzwischen draußen mit ordentlich lauter Musik im Ohr
16.50 Uhr
Daniel:
Nach gefühlten 20 Minuten endlich in der Röntgenabteilung angekommen. Warten, bis ich dran bin. Mir tut die Frau so leid, die offensichtlich mega Schmerzen im Arm haben muss, sie heult zwischendurch immer wieder und hat sich auch aufgeregt, dass der Pfleger so schnell voran ging…
17.05 Uhr
Daniel:
Uff die Röntgenmaschine läuft noch? Die hat doch der gute Wilhelm Röntgen doch noch selber zusammen gebaut^^ Na gut, ist ja nur der kleine Finger der bestrahlt wird, sind ja nur ein paar keV…
17.20 Uhr
Daniel:
Keine Ahnung worauf unser Invalidentrupp jetzt warten musste, es geht aber jetzt endlich zur naechsten Station.
17.22 Uhr
Daniel:
Im naechsten Flur also wieder warten, die eine Frau bekommt im Flur ihre Diagnose: Arm gebrochen, muss gegipst werden, soviel zur Privatsphäre des Patienten…
17.24 Uhr
Daniel:
Wieder runter in die Notaufnahme, ich soll wieder warten.
17.25 Uhr
Daniel:
Aargh der Arzt wird schon wieder angerufen, die anderen fangen wieder an zu tanzen. Bekomme so langsam nen Ohrwurm. Links neben mir ein paar neue Verletzte, die teilweise ziemlich vor Schmerzen stöhnen..
Jessy
Bewundert das Krisenmanagement des Landes und fragt sich: Was machen die Krankenwagenfahrer, wenn sie zu einem Notfall gerufen werden und nicht wegkommen, weil sich alle Krankenwagen gegenseitig zu geparkt haben. Übrigens: sobald ein neuer Krankenwagen kommt stellen sich alle wartenden Leute drum rum.
18.05 Uhr
Daniel:
Mein behandelnder Arzt kommt, fragt ob ich gehen kann oder auch ne Beinverletzung hab (musste mich nämlich auf einen Rollstuhl hocken). Frage hat sich geklärt als ich aufgestanden bin um ihn zu fragen was er gefragt hatte (hatte nämlich nen stark indisch/rumaenischen Akzent)
Er geht mit mir in Behandlungsraum in dem auch noch ein paar andere Patientinnen behandelt werden. Fängt mit einem anderen Arzt eine Diskussion an. Ich höre von draußen wieder diesen Handy-Klingelton… Kopfkino
18.08 Uhr
Daniel:
Okay, korrigiere, keine Diskussion mehr, purer Streit. Am Ende klärt er mich dann auf Englisch auf worüber die beiden debattierten: Er selbst sei der Meinung, still halten, 6 Wochen abwarten, hoffen das sich die Sehnen wieder finden und heilen. Falls kleinere Lähmungen bleiben so sei es egal, ist ja nur kleiner Finger an linker Hand. Falls es jedoch gar nichts gebracht haben sollte, dann soll ich mich auf jeden in Deutschland operieren lassen.
Die Meinung des anderen Docs war jedoch sofort zur nächsten Spezialklinik oder Praxis und schnellstens operieren lassen da es sonst irreparabel wird. Jetzt fragt er mich nach meiner Meinung: „So, if you want, we can arrange a surgery, but I don’t recommend it because it is complicated hand the results are often very poor, or you follow my advice, keep the finger calm and if needed, make a surgery in Germany”. Aechz… Naja ich entscheide mich fuer Finger ruhig stellen.
Der Arzt geht also raus und sucht nach einer Art Schiene. Nun tja, er kam mit einem Stück Pappe, abgerissen von nem Transport-Karton und meinte, im Krankenhaus hätten die nichts anderes und eigentlich muss man sich Krücken, Bandagen oder eben solche Schienen in bestimmten Shops kaufen, der mittlerweile jedoch zu hätte. Ja Glückwunsch.
Er bot mir aber immerhin an, am Montag wieder zu kommen dann würde er mit mir dieses Teil kaufen gehen. Mist, also Montag wieder hier hin fahren (mit Bike 30 min pro Strecke)
18.20 Uhr
Nachdem der Arzt mir also das Provisorium angebunden hat, durfte ich endlich gehen. Ich stand allerdings erst mal dumm im Raum, denn eigentlich habe ich jetzt damit gerechnet, irgendwo etwas zahlen zu müssen. Durfte aber wirklich gehen. Klasse! Habe dann am Montag erfahren, dass man bei der Erstbehandlung in einer Ambulanz nichts bezahlen muss solange man sich nicht länger als 8 std dort aufhält…
18.22 Uhr
Jetzt aber endlich ins Wochenende, am besten wieder erst mal auf unseren Lieblings Platz Piata Unirii zum wieder runterkommen… Was fuer ein Tag.
Fazit:
Ich bin dankbar dass ich ins Krankenhaus aufgrund etwas so eigentlich unwichtiges hin musste, und ich nichts lebensbedrohliches hatte. Denn dann, wäre dieses Krankenhaus für mich sicher ernsthaft der Horror gewesen, so war es jetzt eine Erfahrung, die uns wieder deutlich macht, wie gut es uns in Deutschland geht!!
Dienstag, August 16, 2011 | | 2 Comments
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